
Gedanken für die Hospizarbeit
Dieses Bild eines Sonnenunterganges im Winterwald ist ein gutes Symbol für die Gefühle, wenn man jemanden begleitet, dessen Tage auf der Erde immer weniger werden.
- Wem schaue ich in die Augen
- Es wird gesagt
- Dieses Leben
- Die Schritte meiner Kinder
- Die Wege durchs Leben
- Wohin gehen all die Bilder
- Wenn wir jung sind
- Was werde ich Gott erklären
- Gegensätze
- Die Waage des Lebens
- Die Tage zählen
- Tanzen
- Ich tausche eine Stunde
- Dank für meine Ohren
- Wo werde ich wohnen
- Wenn ich morgen sterbe
- Alles hier lassen
- Noch einmal
- Gott um Leben bitten
- Dein Weg
Wem schaue ich in die Augen
Wenn ich meine irdischen Augen schließe und in der Ewigkeit erwache,
wem schaue ich dann in die Augen?
Wie sehen mich jene Menschen an, deren Lebensweg ich begegnet bin,
oder jenen, von denen ich gar nicht weiß, dass mein Leben sie berührt hat.
Was sehe ich in ihren Augen? Alten Schmerz oder alte Freude,
neue Dankbarkeit oder neue Vergebung.
Kann ich nun Dinge wieder gut machen, die mir auf der Erde nicht gelungen sind
oder bleiben Wunden bestehen in Ewigkeit.
Gibt es eine Chance auf Heilung und wer kann sie bewirken?
Jene, die ich verletzt habe oder jene, denen ich Gutes getan habe?
Oder gibt es eine Kraft der Liebe, die weit über die schlimmsten Dinge reicht,
die Menschen bewirken können
Zusammengesetzt aus dem Besten, was Menschen zu leisten vermögen,
ergänzt durch jene Kraftquelle, die die Sterne am Himmel hält
und die Erde mit den Menschen am Leben?
Es wird gesagt
Es wird gesagt, dass jeder am Ende des Lebens darauf zurückblickt
und entscheiden muss, wie es gelungen ist.
Vielleicht sehen wir zwei Waagschalen,
in der aber die guten Dinge schwerer wiegen als die traurigen.
Eine Waage, in der jene Schmerzen gesammelt sind,
die man uns zugefügt hat und jene, für die wir verantwortlich sind.
Es ist eine Waage, die niemals still steht auch nicht nach unserem Tod,
denn dann füllen Gottes Hände sie weiter.
Auch die liebevollen Gedanken unserer Familie und Freunde
werden in ihr gesammelt.
Das Leben neuer Generationen hat darin Platz
und so wird sie immer voller immer leuchtender,
so dass sie irgendwann alles traurige überstrahlt.
Dieses Leben
Dieses Leben wird nie alle unsere Wünsche erfüllen können,
immer wird irgendwo eine Sehnsucht bleiben,
ein Schmerz, eine Hoffnung.
Diese Welt ist nicht vollkommen.
Sicher wird unser neues Leben alle unsere tiefsten Wünsche erfüllen,
auf jeden Fall jene, in denen es um Liebe geht.
Bei den anderen kann es sein, dass sie uns nicht mehr wichtig erscheinen,
weil wir etwas viel besseres bekommen haben,
etwas, das alle Sehnsüchte, Hoffnungen und Schmerzen der Welt
bei weitem überstrahlt.
Die Schritte meiner Kinder
Seit meine Kinder und Enkel ihr Leben auf der Welt begonnen haben
war ich neben ihnen, habe ihre ersten Schritte begleitet,
ihre Schmerzen behandelt und ihre Freuden geteilt.
Tage mit neuen Generationen sind glückliche Tage voll Lachen und Liebe,
voll Hoffnung und Vertrauen, es sind kostbare Tage,
weil sie Zukunft schaffen und Erinnerung.
Tage, die wie Schätze in unseren Herzen liegen.
Und mit jedem Jahr, das wir selbst älter werden erkennen wir,
wie ihr Leuchten wächst.
Die Wege durchs Leben
Die Wege durchs Leben sind manchmal wie das Wandern
auf einem hohen Berg, wo es am Ende ganz steil wird und schwer,
so dass die Sehnsucht nach Frieden unser ganzes Wesen füllt.
Wo wir uns nur mehr das Ende der Schmerzen wünschen
und dankbar sind, wenn uns vom Himmel aus, die Tür geöffnet wird.
Wo der letzte Schritt leicht wird in die Weite.
Leicht auch, weil wir wissen,
dass die Tränen, die über unseren Tod geweint werden,
wie Perlen aus Dankbarkeit sind.
Leicht, weil wir wissen, dass Liebe wie ein Fluss ist,
der nie aufhört zu fließen,
wenn die Tür zum Himmel weit genug offen bleibt.
Wohin gehen all die Bilder
Wohin gehen die Bilder,
die meine Augen in meinen Jahren gesehen haben
hier in der Welt, alle die Aufnahmen
von schönen und schrecklichen Momenten.
Welche davon werde ich mitnehmen in mein neues Leben
und welche darf ich löschen aus dem Herzen, bevor es stillsteht.
Sicher nehme ich die schönen Erinnerungen mit, um die Freude zu teilen.
Was mich traurig gemacht hat, muss vielleicht erst heilen,
bevor es sich lösen kann.
Wo andere wegen mir gelitten haben
muss wahrscheinlich erst verziehen werden, um davon frei sein zu können.
Dann werde ich, mit neuen Augen, das Bild des Himmels sehen.
Wenn wir jung sind
Wenn wir jung sind sind wir uns meistens ganz sicher,
dass alles so bleibt wie es ist.
Dass jeder Tag einen Morgen, einen Mittag und eine Nacht hat
und unser Weg liegt im Licht der Sonne ganz weit und klar.
Mit jedem Jahr unseres Lebens scheint das Leuchten der Welt
ein Stück mehr zu verblassen.
Mit jedem Schmerz, mit jeder Angst mit jeder Trauer,
verliert es ein Stück von seinem Glanz.
Aber wenn es uns gelingt, mit jedem Tag, ein Stück tiefer zu lieben,
dann liegt unser Weg am Ende des Lebens vor unseren neuen Augen
wieder ganz weit und klar.
Was werde ich Gott erklären
Was werde ich Gott erklären über mein Leben,
am ersten Tag nach meinem Tod.
Wofür werde ich mich entschuldigen, wofür bedanken,
wo trauere ich um Wünsche an das Leben, die sich nie erfüllt haben.
Wird Gott mir glauben, wenn ich sage, da erkenne ich erst jetzt,
was ich getan habe.
Da Gott uns aber jede Minute des Lebens zuhört,
könnte ich mit diesem Gespräch schon heute beginnen.
Zuerst mit dem Dank für alle, die mich lieben und für alles und jeden,
den ich liebe.
Am Tag meines Todes setze ich das Gespräch dann einfach fort,
wenn ich dann mit himmlischem Wissen und Kräften
das Leben meiner Familie begleiten werde.
Gegensätze
Unser Leben ist so voll von Gegensätzen
Weiches und Hartes,
Stilles und Lautes,
Armut und Reichtum,
Blüten und Dornen,
Liebe und Angst,
Glück und Schmerz.
Gegensätze, die wir lange ertragen, bis wir eines Tages
nur mehr die schöne Seiten erfahren möchten,
weil die Kraft für die anderen fehlt.
Dann hoffen wir, dass die Menschen, die wir lieben,
uns ihren Segen geben.
Und sich beschenken lassen, wenn wir diese schönen Seiten
mit ihnen teilen möchten.
Die Waage des Lebens
Ich glaube, es gibt eine Waage
die mißt, was wir vom Leben erhalten und was wir dem Leben geben.
In der einen Schale liegen alle glücklichen Zeiten
und in der anderen die schweren, für uns und für die anderen.
Ich glaube, dass wir auch nach unserem Tod mit unsichtbaren Händen,
weiter die Schale des Glücks füllen können.
Und irgendwann wird sie dann ganz leicht sein
und doch viel mehr Gewicht haben als alles Schwere der Welt.
Die Tage zählen
Wenn wir am Ende unseres Lebens jene Tage zählen
an denen wir glücklich waren,
jene, an denen wir andere glücklich machen konnten,
dann füllt sich das Herz ganz mit Dankbarkeit
Dankbarkeit ist die ältere Schwester des Glücks.
Der Vater der Liebe ist der Schöpfer selbst
und die Mutter, die Erde,
die uns jeden Tag neu leben lässt.
Tanzen
Wie wird es sein, auf den Wolken zu tanzen,
auf jenen, die leicht über die Berge ziehn.
Wie schön wird es sein, getragen von der Musik der Engel,
gehalten von der Kraft dessen, der auch die Erde hält.
Unser Tanz in dieser Welt erscheint uns immer zu kurz
und manchmal ist der Boden hart, auf dem wir stehen.
Dann schließen wir die Augen und unsere Seele tanzt
sich schwerelos und frei.
Wir tanzen in gold in den Sonnenstrahlen am Wasser
und in weiß in den Schneeflocken im Winter.
Wir tanzen sogar zwischen des Sternen und hoffen,
dass etwas von unserem Glück bis in die Herzen jener fällt,
die wir lieben.
Ich tausche eine Stunde
Ab heute tausche ich eine Stunde der Sorge um Dich
in eine Stunde der Dankbarkeit.
Ich tausche eine Stunde des Zorns über Deinen Schmerz,
in eine Stunde der Anerkennung für jene, die helfen.
Ich tausche eine Stunde der Angst vor der Veränderung durch Deinen Tod
in eine Stunde der guten Erinnerungen.
So tausche ich jeden Tag viele Stunden der Vergangenheit
gegen Stunden der Zukunft und verwandle so,
unsere bisherige gemeinsame Zeit ,
in eine starke Kraft für ein anderes Leben.
Dank für meine Ohren
Heute danke ich für meine Ohren und für alles
was sie hören durften die vielen Jahre lang.
Ich danke den Menschen, die für mich gesungen haben
oder mit Instrumenten meine Seele berührten.
Ich danke den Vögeln, die im Frühling ihre Liebe
so hell klingen lassen bis in mein Herz.
Sogar der leise Fall der Flocken aus Schnee
ist für Gott wie ein Lied,
das die Erde spielt.
Zu den schönsten aller Tönen zählt das Lachen von Freunden
und das Singen der Sterne bei Nacht.
Wo werde ich wohnen
Wo werde ich wohnen wenn ich gestorben bin:
sicher in Blättern von Birken im Frühling,
in den Augen eines Adlers im Sommerwind
und auf dem höchsten Berg in einem Eiskristall.
Vielleicht wohne ich auch für eine Weile
ganz tief im Meer
oder in einem Sandkorn in einer Wüste
auf der anderen Seite der Erde
dort, wo die Sterne ganz nahe sind.
Ich weiss,
überall wo ich sein werde,
ist eine Wohnung Gottes
und ich werde zu Hause sein
wie nie in meinem Leben
dort, wo ich war.
WENN ICH MORGEN STERBE
Wenn ich morgen sterbe,
was muss ich heute noch tun?
noch einmal lieben
noch einmal danken
noch einmal lachen
Aber vielleicht fangen die
stärkste Liebe
der tiefste Dank
und ein ewiges Lachen
ja morgen erst an!
Alles hier lassen
Wenn ich sterbe möchte ich alles hier lassen
was mich beschwert hat.
Es der Erde anvertrauen zur Verwahrung.
Meine Tränen und zerbrochenen Träume
meinen Zorn und dunkle Trauer.
Dort wo ich hingehe
soll meine Seele nur das mitnehmen
was sie glücklich gemacht hat.
Sie wird die Stunden der Liebe und Freude
dem Schöpfer übergeben, der sie zählt
und mit meinen Lebensjahren vergleicht
Ich bitte ihn die fehlenden Zeiten
mit seiner Liebe zu füllen.
Damit am Ende der Rechnung keine Sekunde
Schmerz übrig bleibt
für die Ewigkeit.
Noch einmal
Heute das Leben noch einmal rückwärts gehen können, wäre schön.
Ich möchte die Steine aufheben die ich gedankenlos
anderen in den Weg gelegt habe.
Möchte in tiefsten Dunkelheiten Licht entzünden
und Wache halten bei Kindern in Angst.
Möchte Bäume pflanzen,
die Schatten spenden,
allen, die lange nach mir leben,
noch einmal einen Regenbogen sehen
und den Duft einer Rose mitnehmen in den Himmel.
Heute rückwärts gehen können,
wäre schön.
Gott um Leben bitten
Wenn wir Gott um Leben bitten,
kann es sein, dass wir sterben,
denn für ihn liegt das volle Leben
nicht in dieser Welt.
Für Gott ist Leben immer unendlich,
immer frei und voll von Liebe.
Wenn wir Gott um Zeit bitten,
kann es sein, dass wir neu geboren werden.
Mitten im verrinnenden Leben,
durch Augenblicke der Zärtlichkeit,
die uns erwartungslos geschenkt werden.
Sie sind schon ein Schimmer
der Ewigkeit.
Dein Weg
Dein Weg macht mir Angst,
weil ich nicht weiß wo er hinführt.
Dein Weg macht mir Angst,
weil ich weiss,
dass ich ihn auch einmal gehen muss.
Deshalb möchte ich lieber stehen bleiben
und dich allein weitergehen lassen,
mit doppeltem Schmerz im Herzen,
mit Deinem und meinem.
Aber wenn wir uns in die Augen sehen,
wenn sich unsere Hände berühren,
dann zündet ein Funke des Vertrauens in unserer Seele,
dass es gut sein wird, wie es ist.
Irgendwann werden wir gemeinsam ein Ziel erreicht haben,
wenn auch zu unterschiedlichen Zeiten
und auf unterschiedlichen Wegen.
Wir werden dort sein, wo unser Zuhause ist
und deshalb kann ich jetzt
deinen Weg mit Dir bis zum Ende gehen,
ohne Angst.